Endlich im eigenen Leben ankommen
Dein Leben ist JETZT. Verpass es nicht!
Ganz ehrlich: Ist es Dir auch schon passiert, dass Du mit dem Auto an Deinem Zielort ankamst, ohne Dich anschließend daran erinnern zu können, durch welche Landschaft Du gefahren bist, welche Straßen Du benutzt hast und wie genau Du dort eigentlich hingekommen bist? Was ist in dieser Zeit geschehen? Und wo warst Du eigentlich?
Der amerikanische Achtsamkeitslehrer Jon Kabat-Zinn würde Deine mentale Abwesenheit damit erklären, dass nicht Du selbst in dieser Zeit am Steuer saßest, sondern der Autopilot die Führung übernommen hatte. Dieser wird immer dann aktiv, wenn wir in Gedanken versunken und getrennt von Körper und Gefühlen unsere Alltagspflichten verrichten, dabei über die Vergangenheit nachsinnen, die wir sowieso nicht mehr ändern können, und über die Zukunft spekulieren, auf die wir doch keinen Einfluss haben. Allzu oft vergessen wir darüber das eigentliche Leben, es entgleitet uns und scheint immer irgendwo anders stattzufinden, nur nie da, wo wir gerade sind. Und während wir in einem Zustand der Zerstreutheit meist neben, statt in unserem Körper leben und sehnsüchtig auf die intensiven Erlebnisse und ultimativen Kicks hoffen, die uns mit Wucht in unser eigenes Leben katapultieren könnten, vollzieht sich dieses – von uns weitgehend unbeachtet – unablässig Augenblick für Augenblick.
Auch wenn es uns nicht gefallen mag: Für die meisten von uns besteht das Leben weniger aus Abenteuern und Gipfelerlebnissen, es ist vielmehr einem geregelten Arbeitsablauf unterworfen, ist bestimmt von familiären und gesellschaftlichen Verpflichtungen und einer Vielzahl von Routineabläufen. Hinzu kommen Stress und Hektik, denen wir dabei ausgesetzt sind. Wie also kann es uns gelingen, in diesem, unserem ganz normalen Alltag so gegenwärtig zu sein, dass er selbst zu einem Erlebnis und damit zu gelebtem Leben wird? Wie können wir im eigenen Leben ankommen, anstatt diesem ständig hinterherzuhetzen oder vor ihm auf der Flucht zu sein?
Die Achtsamkeit lehrt uns, aufmerksam zu werden für all die Dinge, die wir allzu oft als selbstverständlich hinnehmen. Sie fördert das, was wir in der heutigen hektischen und reizüberfluteten Welt so schwer erlangen und wonach wir uns so sehr sehnen: innere Balance und Stärke, Gelassenheit und Ruhe. Ohne Achtsamkeit und innere Sammlung können wir kein bewusstes Leben führen. Es geht um die Einübung der Präsenz im ganz normalen Alltag. Hierfür bietet die Achtsamkeitspraxis viele praktische und alltagstaugliche Methoden, die nicht einmal zeitaufwändig sind. Eine kleine und sehr effektive Übung besteht darin, während des Tages immer wieder für einen kurzen Moment innezuhalten, den eigenen Körper zu spüren und sich zu fragen: „Bin ich gerade wirklich anwesend in meinem Leben? Lebe ich diesen Augenblick?“
Erst wenn wir bereit sind, die Achtsamkeit mittels Übungen anzuwenden und tief in unserem Körper zu verankern, weicht die Zerstreutheit einer zunehmenden Gegenwärtigkeit. Wir kommen uns selbst wieder auf die Spur.
Buchtipp: Christa Spannbauer: 40 Tage Achtsamkeit. Herder, München 2015
Alltagsübung: achtsames Essen
Unsere täglichen Mahlzeiten sind eine ideale Gelegenheit, aus dem Modus der Zerstreutheit auszusteigen und diese Zeit ganz bewusst zur Sammlung zu nutzen. Gerade beim Essen können wir einen achtsamen Umgang mit unserem Körper, seinen Bedürfnissen und ebenso mit unseren Gefühlen und Gedanken einüben. Nutze gerade bei Stress und Hektik die Mahlzeiten dazu, um zur Ruhe zu kommen.
Stelle als Erstes das Multitasking ein, das wir uns beim Essen angewöhnt haben. Schalte den Computer aus, lege die Zeitung beiseite und lasse den Fernseher ausgeschaltet. Nimm nun all Deine Sinne und Deine gesammelte Aufmerksamkeit mit an den Esstisch. Richte das Interesse auf die Speisen, die vor Dir auf dem Teller liegen. Wie riechen sie? Wie sehen sie aus? Beginne dann mit dem ersten Bissen und iss bewusst langsamer als sonst. Nimm Dir Zeit, jeden Bissen aufmerksam zu kauen, so dass sich der Geschmack der Speisen entfalten kann. Genieße! Bleibe mit Aufmerksamkeit ganz bei dem, was Du isst. So wird die Mahlzeit zu einer gesammelten und erholsamen Zeit in Deinem Tagesablauf.
Aus: Der spirituelle Notfallkoffer. Erste Hilfe für die Seele. Von Christa Spannbauer und Katharina Ceming. Trinity Verlag 2015