Wenn das Hormonorchester aus dem Takt gerät

Neu dirigieren mit natürlichen bioidentischen Hormonen

von Dr. med. Hartmut Baltin & Katja C. Schmidt, Chefredakteurin Gesundheitslounge

Hitzewallungen und Kälteschauer, Antriebslosigkeit und Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Depressionen, ein unregelmäßiger Zyklus bei den Frauen und Gewichtszunahme – wenn Frauen (und Männer!) in die Wechseljahre bzw. in die Menopause kommen, bedeutet dies nichts anderes, als dass sich die körpereigene Hormonproduktion drastisch verändert. Wie sehr die Hormone, diese fein agierenden Regisseure des biologischen Lebens, unseren Organismus und unsere Befindlichkeit beeinflussen, spüren viele Betroffene auf vielfältige, meist unangenehme Weise. Zu den bekanntesten Hormonen (aus dem Altgriechischen ὁρμᾶν hormān, d. h. ‚antreiben, erregen‘) zählen die sog. Sexualhormone Östrogen, Progesteron und Testosteron sowie die Endorphine, die landläufig als „Glückshormone“ bezeichnet werden. Doch die Zahl der von den endokrinen Drüsen gebildeten verschiedenen Hormone ist ungleich größer. In ausgeklügelten Systemen vom Körper selbst hergestellt und auf verschiedene Weise an die Organe und die Lymphbahn abgegeben, gelangen sie dann sekundär in den Blutkreislauf. Die Hormone stellen die zentralen Schlüssel für unsere Gesundheit und unsere Jugendlichkeit dar. Ist der Hormonhaushalt gestört oder der physiologische Hormonabfall in den Wechseljahren erreicht, sind neben den anfänglich genannten Symptomen zahlreichen Erkrankungen Tür und Tor geöffnet, denn: Es gibt praktisch keine Krankheit, die nicht mit einem aus dem Ruder gelaufenen hormonellen Status eines Patienten zu tun hat.

„Hormon-Tuning“ gestern und heute: von findigen Mönchen und althergebrachten Ritualen.

Schon vor tausenden von Jahren kannten die alten Mediziner und Heiler verschiedener Völker zahlreiche natürliche Mittel, die dem Alterungsprozess und verschiedensten Leiden entgegenwirken sollten. Von den Hormonen und ihrer Bedeutung per se wussten sie vermutlich zwar noch nichts, aber körperlicher Verfall und Gebrechlichkeit waren natürlich bekannt. Die alten Ägypter beispielsweise setzten schon zur Pharaonenzeit auf das Öl des Schwarzkümmels, der auch heute auf Plantagen angebaut wird, und das derzeit eine Renaissance erlebt. Schwarzkümmelöl besteht größtenteils aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die für viele Lebensfunktionen eine wichtige Rolle spielen. Sie sind u. a. an der Bildung der Prostaglandine, hormonähnlichen Substanzen, beteiligt. Diese regulieren den Ablauf zahlreicher organischer Funktionen wie die der Steroidhormone und die allgemeine Hormonsekretion.

Der auch „Pilz des langen Lebens“ genannte Reishi-Pilz (lat. Ganoderma lucidum) , der in Japan und China seit mehr als 4.000 Jahren ein fester Bestandteil der Naturheilkunde ist, stellte das Pendant zum Schwarzkümmel in Asien dar. Der Reishi-Pilz wurde schon im ältesten noch existierenden Arzneimittelbuch der Chinesen, dem „Shen Long Ben Tsao“, als „König der Heilpflanzen“ und „Pilz der Unsterblichkeit“ beschrieben. Die wertvollen Inhaltsstoffe des Vitalpilzes wirken bei vielen altersspezifischen Beschwerden unterstützend. Darüber hinaus wurde ihm die Steigerung der sexuellen Potenz nachgesagt. Auch seine pharmazeutischen Wirkungen sind heutzutage hinlänglich wissenschaftlich erforscht.

Etwas deftiger ging es bei den chinesischen Heiler-Mönchen zu: Schon vor etwa 2.000 Jahren behandelten sie Patienten beiderlei Geschlechts zur Steigerung der sexuellen Aktivität mit getrocknetem Menschenurin, wobei sie als „Spender“ postpubertäre Jugendliche rekrutierten. Die Wahl dieser Spender ist auch aus heutiger Sicht nur logisch, da der jugendliche Hormonspiegel deutlich höher ist als bei älteren Zeitgenossen.

Bei uns in Europa ging man richtig ans Eingemachte: So war es viele Jahrhunderte lang üblich, zur hormonellen Optimierung  die entsprechenden Sexualorgane von Tieren wie etwa Hoden und Eierstöcke zum Verzehr zu präparieren. Und noch heute wird, wie man hört, im österreichisch-bayrischen Grenzgebiet heimlich, weil offiziell verboten, die Tradition des „Stierbeutelessens“ gepflegt, woran sich Männlein und Weiblein gleichermaßen dem Vernehmen nach mit großer Freude beteiligen.

Die Entdeckung der Hormone und die Folgen der synthetischen Ersatzpräparate.

Der Begriff Hormon wurde 1905 von dem englischen Physiologen Ernest Starling geprägt. Vor 100 Jahren konnte man eines der Hormone isolieren und nannte es Testosteron, das dem Mann zu den typischen Merkmalen der Männlichkeit verhilft. Daraufhin setzten auf verschiedenen Kontinenten Forschungen zur Herstellung „weiblicher“ Hormone ein, die aus dem Urin von Schwangeren gewonnen wurden. Es schien unsere Forscher aber bis heute nicht zu stören, dass im Urin lediglich die Abbauprodukte der Hormone und nicht die Originalmoleküle enthalten sein können! Als man erkannte, dass das Cholesterol ein wichtiger Baustein der Geschlechtshormone ist, versuchte man daraus Progesteron herzustellen, da dieses als die Schwangerschaft schützend erkannt wurde und auch bestimmte Menstruationsbeschwerden bessern konnte. Später entdeckte man auch, dass aber synthetisches Progesteron zur Empfängnisverhütung geeignet war. Die Wirkung ist also dem Original gegenüber gegenteilig. Und so schützt das Synthetikum nicht eine Frühschwangerschaft, sondern bewirkt, frühzeitig eingenommen, sogar das Absterben der Frucht (sog. „Pille danach“!)So forschte die Pharmaindustrie nach der Möglichkeit, Verhütungsmittel mit zwei patentierbaren, also nicht naturidentischen Verbindungen (Östrogen- und Gestagen-Ersatz) in unterschiedlicher Zusammensetzung auf synthetischer Basis herzustellen. Unter anderem vom österreichisch-amerikanischen Chemiker Carl Djerassi entwickelt, kam die erste jener Anti-Baby-Pillen 1960 auf den Markt. Sie gilt vielen heute als „die medizinische Revolution des letzten Jahrhunderts“. Die Anti-Baby-Pille ist tatsächlich eine Revolution, die vielen Frauen mehr Selbstbestimmtheit und Freiheit schenken konnte, gar keine Frage. Doch leider deuten zahlreiche Studien unserer Fachleute darauf hin, dass es dann häufiger zu Brustkrebs, Thrombosen, Schlaganfällen, Herzinfarkten, Demenz und anderen Krankheiten kommt. In den klassischen Medien wird dieser Umstand jedoch mehr oder minder totgeschwiegen, da die Industrie kein Interesse daran hat, Umsatzeinbußen hinzunehmen und „die vierte Macht im Staat“, die Zeitschriften und das Fernsehen, von Anzeigen und Werbeschaltungen abhängig sind.

Synthetische Hormone unterscheiden sich biochemisch auf den ersten Blick zwar nur wenig von körpereigenen Hormonen. Doch schon diese künstlichen Abänderungen der Natur haben fatale Auswirkungen auf die Gesundheit, da sie sich im Körper anders verhalten als deren biologische Pendants und den Hormonhaushalt stattdessen weiter schwächen können. Eine breit ausgelegte Studie der „Women’s Health Initiative (WHI)“ in den USA zur Hormonersatztherapie mit Stutenurin- Präparaten wurde 2002 gar abgebrochen, da in der Gruppe jener Frauen, die Hormone einnahmen, zahlreiche Fälle von Brustkrebs, Thrombosen, Herzinfarkten und Schlaganfällen auftraten. Die 1996 bis 2001 durchgeführte britische „The Million Women Study“ belegte ebenfalls deutlich, dass das Brustkrebsrisiko mit der Einnahme von Hormonersatzpräparaten das Brustkrebsrisiko erhöht. Es sprengt den Rahmen dieser Ausführungen, auf die metabolischen Auswirkungen patentgeschützter Präparate näher einzugehen. Wichtig ist jedoch der Hinweis, dass sich  immer mehr herauskristallisiert, welche toxischen Gefahren von den „künstlichen“ Verbindungen (u. a. der Arzneistoff Diethylstilbestrol, kurz: DES) für Mutter, Kind und Kindeskind ausgehen. Ganz besonders interessant ist auch die Tatsache, dass die Molekülstruktur von DES dem Pestizid DDT ähnlich ist, dessen östrogenartigen Eigenschaften hinlänglich bekannt sind.

Bioidentische Hormone: ein natürliche Alternative für Frauen – und Männer.

Parallel zu den Forschungen der Pharmaindustrie begann auch der amerikanische Chemiker Russel Marker in den 1940er und 1950er Jahren die Pflanzenwelt nach einer Rohstoffquelle für die Synthese von Hormonen zu durchsuchen. Fündig wurde er in Mexiko: In der Yamswurzel entdeckte er besonders große Mengen von Diosgenin. Die Yamswurzel (Dioscoera villosa) aus der Familie der Yamswurzelgewächse (Dioscoreaceae) ist in Nordamerika heimisch und verfügt über Inhaltsstoffe wie das genannte Diosgenin (Aglykon), Dioscin (Glykosid) sowie Alkaloide wie Dioscorin. In weiterer Forschungsarbeit gelang es dem Wissenschaftler, bioidentisches Progesteron aus dem Diosgenin herzustellen, später dann auch andere Steroidhormone wie DHEA ,Testosteron, Cortison und Östrogene. Bald konnte Russell Marker Progesteron, welches sozusagen das Mutterhormon der Steroidsynthese ist, dieses lebenswichtige Hormon, in großen Mengen und äußerst günstig herstellen. Doch leider waren seine Arbeiten für die Pharmaindustrie nicht von Interesse, da die Natur eben nicht patentierbar ist und mit bioidentischen Hormonen keine großen Gewinne einzufahren sind. Die Industrie forschte lieber weiter mit Pferdeurin usw., um patentierbare künstliche Produkte auf den Markt zu bringen.

Erwähnenswert sind neben Russell Marker natürlich auch die anderen Protagonisten auf dem Gebiet der Forschung und Herstellung naturidentischer Hormone wie John R. Lee, Michael E. Platt, Jonathan Wright, der Belgier Thierry Herthoge (der umfassende Nachschlagwerke auf diesem Gebiet verfasst hat)  und den mir zu seinen Lebzeiten noch persönlich gut bekannte Arzt Franz Riedweg, der ebenso mit Phytotherapie den hormonellen Regelkreis zu beeinflussen verstand und selbst immerhin 98 Jahre alt wurde.

Dr. med. Volker Rimkus: der Doyen der bioidentischen Hormone und das „Hormon-Netzwerk“.

Es ist dem norddeutschen Gynäkologen Dr. Volker Rimkus zu verdanken, dass wir Ärzte trotz allen Widerstandes vonseiten der Industrie bioidentische Hormone bei unseren Patienten ganz individuell anwenden können. Volker Rimkus hat es sich zur Aufgabe gemacht, seine in Jahrzehnten gewonnenen Erfahrungen zu strukturieren und der medizinischen wie auch allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Darüber hinaus ist es ihm zu verdanken, dass sich in der aufgeklärten Kollegenschaft mittlerweile herumgesprochen hat, dass natürlich nicht nur Frauen unter Menopausebeschwerden leiden, sondern dass auch die Männer von Veränderungen des Hormonspiegels betroffen sind – und mit naturidentischen Hormonen ebenso gut behandelt werden können wie Frauen.

Gemeinsam mit dem Münchner Kollegen Dr. Dr. Thomas Beck, heutiger Leiter der bereits 1988 von mir und Kollegen gegründeten „Arbeitsgemeinschaft für biologische Medizin – München“ (kurz: AGBioMed), hat Volker Rimkus auf Initiative von Dr. Dr. Thomas Beck 2011 das „Hormon-Netzwerk“ gegründet, das sich als Teil der AGBioMed versteht.

Thomas Beck erklärt: „Die Idee für das „Hormon-Netzwerk“ ist entstanden, weil viele Menschen gar nicht richtig wissen, was es mit den Hormonen auf sich hat. Verunsicherung und Unklarheit zu diesem Thema sind weit verbreitet. Hormonersatz ist ein großes Thema, das auch wirtschaftliche Perspektiven für die Industrie bietet. In der Vergangenheit wurden mit Unterstützung der Industrie große Studien zu (synthetischen) Hormonen begonnen, die teilweise zu verheerenden Ergebnissen führten, wie wir alle wissen. Insofern ist es auch für den Fachmann sehr schwierig, verlässliche Informationen zu erhalten. Vielen Ärzten geht es wie mir früher: Ich hatte jahrelang mit den üblichen und auch wissenschaftlich empfohlenen Methoden versucht, positive Ergebnisse zu erreichen, mit geringem Erfolg. Erst durch Anwendung der Rimkus®Methode änderte sich das, und erste Erfolge stellten sich ein. Im Mittelpunkt stehen bei uns die Patienten, denen dieser wirksame und annähernd nebenwirkungsfreie Weg zugänglich gemacht werden soll. Es geht also um Aufklärung und Beratung. Aufgabe des Hormon-Netzwerks ist es, die interessierte Öffentlichkeit zu informieren und ärztlichen und nichtärztlichen Therapeuten eine Plattform für fachlichen Austausch zur Verfügung zu stellen.“

Volker Rimkus selbst ergänzt: „Besonders liegt mir auch am Herzen, dass es auch zukünftig mehr Therapieplätze nicht nur für Frauen, sondern besonders auch für Männer gibt. Sie sind nach wie vor die Stiefkinder der Hormontherapie mit naturidenten Hormonen. Auf wiederholten Wunsch vieler Kolleginnen und Kollegen habe ich für diese Zwecke einen Leitfade ‘Die RIMKUS®-Methode, eine natürliche Hormonersatztherapie für Männer’ geschrieben und ebenso habe ich auch einen ‘Leitfaden zur Behandlung von Frauen mit Naturhormonen’ verfasst.“ Diese erscheinen demnächst in einer wesentlich überarbeiteten und ergänzten 3. Auflage.

Ausblick

Ich selbst arbeite in meiner Praxisklinik selbstverständlich und mit sehr guten Erfolgen mit bioidentischen Hormonen. Die wesentliche Erkenntnis lässt sich kurz zusammenfassen: Der physiologische Hormonabfall in den Wechseljahren öffnet Tür und Tor für Befindlichkeitsstörungen, Depressionen, Krebs, Sexualstörungen, Demenz u. v. m. Der gezielte Einsatz schädigungsfreier, naturidentischer Hormone ermöglicht es, diese Alterungsprozesse aufzuhalten bzw. hinauszuzögern. „Gezielt“ heißt hier, nach klinischer und labortechnischer Abklärung und unter Verlaufskontrolle während der Behandlung mit den natürlichen Hormonen von Volker Rimkus, die von spezialisierten Apotheken wie etwa der „Receptura“-Apotheke von Peter Cornelius in Frankfurt und der Forsthausapotheke in Neu Isenburg hergestellt werden, individuell zu arbeiten. Eine dritte Apotheke, die Ludwigsapotheke in Bad Brückenau, wird in Kürze als dritter Anbieter hinzu kommen. Heute ist es auch leicht möglich, nicht nur die Geschlechtshormone zu bestimmen, sondern auch die anderen Faktoren, die an dem Regelwerk von Krankheits- und Alterungsprozessen beteiligt sind. Hierzu gehören der Cortisol-Tagesspiegel, die Neurotransmitterbestimmung, die Abklärung von Unverträglichkeiten (besonders auch bzgl. der Nahrung), die Abklärung von Entzündungsgeschehen sowie die sonst gängigen „schulmedizinischen“ Laborscreenings.


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